Riskmanagement & IKS News
Warum Schuldzuweisungen nicht hilfreich sind, …
Hauptproblem: Schuldzuweisungen erfolgen ganz «natürlich».
Wie schnell ist man dazu verleitet, jemand anderem die Schuld für ein Missgeschick zu geben, anstatt selbst die Verantwortung zu übernehmen.
Und das, obwohl wir wissen, dass Schuldzuweisungen destruktiv wirken. Mit dem Finger auf andere zu zeigen, schwächt den Teamzusammenhalt. Diese Menschen stehen weniger zu ihren Fehlern, und das macht es unwahrscheinlicher, dass Organisationen aus ihnen lernen können.
Die Anreize, aus Fehlern zu lernen, sind je nach Aktivität, Branche oder Organisation unterschiedlich. In der Luftfahrt und im Gesundheitswesen zum Beispiel ist der Anreiz besonders gross. Geht es doch an erster Stelle um Sicherheit und darum, dass Menschenleben in Gefahr sind.
Eine Aus-Fehlern-lernen-Kultur ist aber auch förderlich, wenn weniger auf dem Spiel steht. Software-Ingenieure und -Entwickler führen routinemässig sog. “blameless postmortems”[1] durch, um zu untersuchen, was schiefgelaufen ist, wenn z.B. eine Website abstürzt oder ein Server ausfällt.
Die Schuld von sich zu weisen, funktioniert nämlich nicht auf Dauer. Was ist, wenn die
[1] Bei der Post-Mortem-Analyse eines Vorfalls setzen sich Mitarbeiter zusammen, um die Details eines Vorfalls zu besprechen: warum er passiert ist, welche Auswirkungen er hatte, welche Massnahmen zur Problemminderung und Lösung ergriffen wurden und was getan werden sollte, um ein erneutes Auftreten zu verhindern.
Website immer wieder abstürzt und dieselbe Person daran schuld ist? Manchmal ist die Schuld ja auch «verdient».
Zudem, wenn inkompetente und böswillige Personen immer wieder vom Haken gelassen werden, schwächt das die Organisation.
Um dieses Problem zu lösen, hilft eine Organisationskultur, in der Menschen «nicht für Handlungen, Unterlassungen oder Entscheidungen bestraft werden, die ihrer Erfahrung und Ausbildung angemessen sind». Solche Kulturen schränken den Spielraum für Schuldzuweisungen ein, ohne die Möglichkeit vollständig zu beseitigen.
Jede Organisation sollte klar sagen, wo sie die Grenze zwischen ehrlichen Fehlern und solchen der anderen Art zieht. Eine Möglichkeit einer solchen Unternehmenskultur Nachdruck zu verschaffen, ist die Förderung von Post-Mortem-Diskussionen1 und -Analysen.
Fazit: Von Schuldzuweisungen wegzukommen ist es ein mühevoller Weg. Schuldzuweisungen sind billig und schnell: «Es war Hans» ist in einer Sekunde gesagt und hat den Klang der Wahrheit.
Fehler zu dokumentieren und dafür zu sorgen, dass sich die Prozesse entsprechend ändern, erfordert viel mehr Entschlossenheit und Struktur.
Quellen:
“Why pointing finger is unhelpful” The Economist 19. Januar 2023