Riskmanagement & IKS News
Betrug im Unternehmen vorbeugen
Veruntreuung und Betrug in Organisationen lassen sich fast ausnahmslos auf menschliche Schwächen zurückführen. Zur Verdeutlichung ein paar Schlagzeilen:
Der Finanzchef des Schwägalp-Schwinget hat CHF 290’000 veruntreut, weil er sich mit riskanten Anlagen in den USA verspekuliert hatte.
Buchhalterin betrug ihre Arbeitgeberin um mehrere Millionen Franken. Das Geld «lieh» sie einem Mann, der ihr die grosse Liebe versprochen hatte.
Ein Filialleiter entnahm regelmässig Bargeld, total Fr. 230’000, aus dem Tresor eines Detailhändlers, um damit seine Spielsucht zu finanzieren.
Der Rimuss-Finanzchef, der gleichzeitig Sportchef des Frauenteams des FC Neunkirch war, hat mehrere Millionen veruntreut und u.a. damit das Frauenfussball-Team des FC Neunkirch unterstützt.
Obwohl das gegen aussen kaum zur Sprache kommt, sind es nicht nur Charakterschwächen oder Notlagen der betrügenden Personen, welche zur Tat führen. Oft sind es auch Empathie- und (Eigen-)Disziplinschwächen der vorgesetzten Person, welche die Tat erleichtern. Der Schlüssel zur Verhinderung, resp. Früherkennung von Betrugsrisiken ist deshalb die Personalführung und Personalauswahl. Und das trifft bis auf die oberste Führungsetage zu.
Eine Reihe von Untersuchungen[1] hat gezeigt, dass man – in Kenntnis der persönlichen Verhaltensweisen von Kandidaten – vorhersagen kann, welche Führungskräfte auf Abwege geraten könnten. Bei der Einstellung – so die Schlussfolgerung – sollte deshalb vor allem der Charakter durchleuchtet werden.
Im Speziellen empfiehlt es sich abzuklären, ob ein Kandidat Anzeichen von Materialismus oder Missachtung von Regeln zeigt. In Unternehmen, die von Führungskräften mit übermässigen persönlichen Ausgaben geleitet wurden, fanden Forscher sowohl mehr Betrug als auch mehr unbeabsichtigte Berichtsfehler.
Materialismus, so wie ihn die Forscher definieren, bedeutet nicht unbedingt, dass man viele oder gar hochwertige Besitztümer hat; vielmehr beinhaltet er das ehrgeizige Streben nach Reichtum und Luxus, ungeachtet der Kosten für andere.
Kriminologische Forscher haben herausgefunden, dass Menschen, die selbst geringfügige Regeln missachten, wie z. B. die Missachtung von Verkehrsregeln, auf subtile Weise zum Ausdruck bringen, dass sie nicht glauben, dass Einschränkungen für sie gelten.
Werden diese Anzeichen ignoriert und eine Führungspersönlichkeit eingestellt, deren Leben ausserhalb des Büros Anlass zu Bedenken gibt, kann dies ein Unternehmen unnötigen Risiken aussetzen. Und das wiederum ist nicht nur bei der Einstellung von CEOs relevant.
Die gute Personalauswahl ist, um es mit Risk Management-Jargon zu sagen, die «1st line of defence» zur Verhinderung von Betrug und Veruntreuungen. Die «2nd line of defence» ist die Personalführung.
Einmal angestellt, gilt es, durch Umsicht und Personalfürsorge unerwünschte Verhaltensweisen (in- und ausserhalb der Organisation) und mögliche Notlagen der Mitarbeiter zu erkennen. Das braucht eine Regelmässigkeit und Nähe des persönlichen Kontakts, was wiederum (Eigen-)Disziplin und Empathie bei den Vorgesetzten voraussetzt.
Um Veruntreuungen im Unternehmen vorzubeugen, gibt es verschiedene Massnahmen, die in der Personalführung und der Personalauswahl getroffen werden können.
- Hintergrundprüfungen durchführen: Vor der Einstellung von Mitarbeitern sollten Hintergrundprüfungen durchgeführt werden, um sicherzustellen, dass keine Vorstrafen oder andere Hinweise auf unethisches Verhalten vorliegen.
- Klare Verhaltensregeln und Ethikrichtlinien festlegen: Das Unternehmen sollte klare Verhaltensregeln und Ethikrichtlinien haben, die von allen Mitarbeitern befolgt werden müssen. Dies kann dazu beitragen, dass Mitarbeiter sich bewusst sind, was erlaubt ist und was nicht.
- Interne Kontrollen und Überwachung: Das Unternehmen sollte interne Kontrollen und Überwachungsmechanismen haben, um das Verhalten von Mitarbeitern im Auge zu behalten. Dies kann helfen, potenzielle Risiken frühzeitig zu erkennen und zu verhindern.
- Transparenz und Offenheit fördern: Das Unternehmen sollte eine Kultur der Offenheit und Transparenz fördern, in der Mitarbeiter sich sicher fühlen, Verstösse melden zu können, ohne Konsequenzen befürchten zu müssen.
- Stellvertretereinsatz und Rotation von Aufgaben anordnen: Durch eine Rotation von Aufgaben kann verhindert werden, dass Mitarbeiter zu viel Macht ansammeln und die Kontrolle über bestimmte Bereiche des Unternehmens erlangen. Zudem sollten Stelleninhaber in neuralgischen Phasen Ferien nehmen müssen, damit der Stellvertreter zum Einsatz kommt.
Fazit: Menschliche Schwächen sind der Ursprung von Betrug und Veruntreuung. Echtes empathisches Interesse am Verhalten und Umfeld des Mitarbeiters ist der Schlüssel dazu, wie Vorgesetzte das Tatrisiko minimieren können. Das Unternehmen selbst kann durch die Umsetzung der Massnahmen oben dazu beitragen, Veruntreuungen zu verhindern und ein Umfeld zu schaffen, das auf Integrität und Ethik ausgerichtet ist.
Quellen: «When Hiring CEOs, Focus on Character» HBR, Aiyesha Dey, Juli-August 2022
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