Riskmanagement & IKS News
Chancen- und Risikomanagement: Wann, wie oft?
Risikomanagement ist in vielen Organisationen ein Einmal-pro-Jahr-Prozess. Leitungsorgane und Experten schätzen alle Risiken und evtl. Chancen anlässlich eines Workshops neu ein und beschliessen Massnahmen für den Umgang mit jedem Risiko (jeder Chance).
So weit so gut. Aber was geschieht mit den Risiken, die unterjährig eingegangen werden?
Die Auswirkungen unternehmerischer Entscheidungen sind unsicher. Wer Chancen erfolgreich wahrnehmen möchte, trifft unweigerlich auf Herausforderungen und Krisen, die es zu meistern gilt.
Kennen Sie das auch? Wenn ein Entscheid später nicht zu einem positiven Resultat führt, kommt es immer wieder vor, dass sich Entscheider vom Resultat distanzieren. «Ich habe diese Idee nie wirklich gemocht.» oder so ähnlich tönt es dann.
Das heisst aber nicht, dass die Entscheidungsfindung nicht gut war. Nur erinnert sich niemand mehr (genau) daran.
Deshalb, wenn es um wichtige Entscheidungen geht, sollten alle Überlegungen reproduzierbar dokumentiert werden – insbesondere die Ergebnisse der entscheidungsvorbereitenden Risiko- und Chancenanalyse sollten im Risk Management System (RMS) hinterlegt werden.
- Wie wurde Einigkeit für das Ziel des Entscheides erreicht?
- Welche Prämissen haben zum Entscheid geführt?
Schlechte Entscheidungen sind oft das Kind eines schlechten Entscheidungsprozesses:
- Die Alternativen waren nicht klar definiert.
- Die richtigen Informationen wurden nicht zusammengetragen.
- Die Kosten und die Vorteile wurden nicht genau abgewogen.
Wichtig! Gruppendenken erhöht die Risikobereitschaft. Beteiligte gehen gemeinsam grössere Risiken ein, als dies jeder für sich allein tun würde. Entsteht die Dynamik einer kollektiven Selbstüberschätzung, entscheidet die Gruppe als Ganzes im schlimmsten Fall schlechter, als wenn der Chef im Alleingang entschieden hätte.
Für eine Investition, organisatorische oder strategische Veränderungen sollten beweisbar angemessene Informationen vorliegen.
Wenn alles wunschgemäss läuft, wird zwar niemand danach fragen. Wenn es aber schiefläuft und evtl. sogar rechtliche Schritte notwendig werden, sind die Risikobeurteilungsinformationen Gold wert. Denn später vor Gericht müssen Sie beweisen können, wie entschieden, umgesetzt und die Risiken gemanagt wurden.
Praxis-Tipp: Führen Sie die Pflicht ein, dass für alle wichtigen Business-Entscheidungen ein Chancen- & RM-Blatt erstellt werden muss. Dieses Formblatt ist Beilage zum GL-Antrag oder wird vom Protokollführer erstellt, wenn ohne formellen Antrag entschieden wird.
Neben der Beschreibung der Chancen und den Umsetzungsmassnahmen empfiehlt sich die Zuteilung der Risiken auf drei Kategorien, die jeweils einen anderen Risikomanagementansatz erfordern.
– Vermeidbare Risiken: Sie entstehen aus der Organisation heraus und bringen keinen strategischen Nutzen. Sie sollten vermieden oder kosteneffizient beseitigt werden.
– Strategische Risiken: Das sind Risiken, die eingegangen werden, um einen höheren strategischen Nutzen zu erzielen. Es sollten Schritte unternommen werden, um ihre Wahrscheinlichkeit und Auswirkungen kosteneffizient zu verringern.
– Externe Risiken: Darunter fallen alle unkontrollierbaren Risiken. Sie erfordern besondere Prozesse, die Manager dazu ermutigen, diese Risiken offen zu diskutieren und kosteneffiziente Wege zu finden, um ihre Wahrscheinlichkeit zu verringern oder ihre Folgen abzumildern.
- in allen erforderlichen Dimensionen beschrieben und bewertet.
- in einer Risikomatrix dargestellt und in Echtzeit nachgeführt.
- den Bewertern automatisch regelmässig zur Neubewertung vorgelegt.
Das Controlling der Massnahmen erfolgt analog zum internen Kontrollsystem (IKS).
Ein wichtiger Nebeneffekt des Dokumentierens: Ihre Organisation lernt über die Zeit zwischen „schlechten Entscheiden“ und „schlechten Ergebnissen“ zu unterscheiden.
Quellen: Dieser Beitrag basiert auf dem McKinsey-Artikel «Six problem-solving mindsets for very uncertain times» vom September 2020.