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Riskmanagement & IKS News

Risiken früher erkennen mit anonymen Briefkästen

Damit Mitarbeiter bereit sind, Probleme aufzuzeigen, müssen sie geschützt und laufend informiert werden.

Wenn kriminelle Energie im Spiel ist, finden Täter Mittel und Wege die herkömmlichen Kontrollsysteme zu überlisten. Da die Täter oft bis zur Entdeckung nicht von ihrem kriminellen Tun ablassen, wird der Schaden je grösser, je länger sie nicht aufgestöbert werden.

Oft können diese sogenannten „Innentäter“ erst mittels Hinweisen von Mitarbeitern entdeckt und schliesslich überführt werden, denn mehr als zwei Drittel der Schäden durch Betrugsfälle in Unternehmen werden von eigenen Mitarbeitern verursacht. (Wieso Mitarbeiter betrügen? Lesen Sie hier.)

Aus dieser Perspektive liegt der Mehrwert von Hinweisgebersystemen für Unternehmen und Organisationen auf der Hand. Trotzdem scheiterte eine gesetzliche Regelung 2020 im Schweizer Parlament.

Ein Grund dafür ist die vermutete negative Gesinnung der Hinweisgeber. Aber wer glaubt, dass Whistleblower blosse Petzer sind, hat sich nie mit den Erfahrungen zur Wirksamkeit auseinandergesetzt. 27,6 Prozent der 2020 befragten Schweizer Unternehmen konnten mithilfe ihrer Meldestelle über 80 Prozent des finanziellen Gesamtschadens aufdecken (Whistleblowing Report 2021).

Schon vor fast 17 Jahren schrieb die Eidg. Finanzkontrolle in ihrer Broschüre «Aufbau eines IKS» auf Seite 11: «Ein Informationskonzept, ein institutionalisiertes Verbesserungs- und Vorschlagswesen sowie eine An- laufstelle für Informationen betreffend möglicher Unregelmässigkeiten (Whistleblowing), können die Effizienz von Kontrollsystemen spürbar erhöhen.»

Mit einem internen Meldesystem lässt sich die Früherkennung von Unternehmensrisiken erheblich verbessern.

Die Frage, wie die Akzeptanz solcher Meldesysteme in der Praxis gesteigert werden kann, bleibt jedoch eine Herausforderung. Die Geschäftsführung muss dabei einen Ausgleich zwischen dem Interesse an Informationen und der Pflege eines positiven Betriebsklimas finden.




Wie lässt sich die Akzeptanz erhöhen?

  1. Schutz des Hinweisgebers
 

Hinweisgeber müssen effektiv vor möglichen Nachteilen geschützt werden, beispielsweise durch die Möglichkeit anonymer Meldungen und die Vermeidung von «Vergeltungsaktionen». Dies ist nicht nur im Einklang mit der EU-Whistleblowing-Richtlinie, sondern stärkt auch das Vertrauen in das Meldesystem.

  1. Vertrauensförderung

Mitarbeiter müssen die Vorteile des Meldesystems für sich selbst erkennen. Schulungen, die nicht nur den rechtlichen Rahmen, sondern auch konkrete Beispiele für positive Auswirkungen auf das Betriebsklima behandeln, können das Vertrauen in das System stärken.

  1. Nachvollziehbare Prozesse

Der Bearbeitungsprozess einer Meldung sollte transparent und nachvollziehbar sein. Klare Vorgaben, wann Meldungen bearbeitet werden, und die Information der Hinweisgeber über die Ergebnisse der Untersuchung sind entscheidend. Auch die getroffenen Massnahmen sollten im Unternehmen als fair wahrgenommen werden.

Ein gut funktionierendes internes Meldesystem kann dazu beitragen, Missstände und Risiken im Unternehmen frühzeitig zu identifizieren und das Arbeitsumfeld zu verbessern. Die individuellen Betriebserfordernisse sollten dabei berücksichtigt werden, um sicherzustellen, dass das System von den Mitarbeitern akzeptiert wird. Dies erfordert eine genaue Auseinandersetzung mit den (informellen) Strukturen des eigenen Unternehmens.

Fazit: Jede Organisation, die ernsthaft Risikomanagement betreiben will, kommt nicht darum herum, eine Meldestelle und einen Prozess für Hinweisgeber – in einer für die Organisation geeigneten Form – einzuführen. Es ist ein effizientes Frühwarnsystem, um Risiken rechtzeitig zu erkennen und Sanktionen, Strafzahlungen und Reputationsschäden abzuwenden.

Um die Zivilcourage der Hinweisgeber zu unterstützen, muss der Prozess es erlauben, dass Angestellte anonym, ohne die Treuepflicht gegenüber dem Arbeitgeber verletzen zu müssen, ihr Wissen weitergeben können.
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