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Prognosen sicherer machen
Planung, Budgetierung, Strategie – überall wird prognostiziert. Doch Prognosen sind kein Orakel. Sie sind Hypothesen über die Zukunft – und darum anfällig für Illusionen, Routinen und Wunschdenken.
Was Organisationen wirklich brauchen, ist ein reiferer Umgang mit Unsicherheit. Der Podcast „How to Get Forecasting Right“ (HBR On Strategy, Spotify) bietet dafür wertvolle Impulse. Daraus abgeleitet um kombiniert mit meinen Erfahrungen, dokumentiert im E-Book Strategische Geschäftsplanung, ergeben die folgenden sechs Regeln für mehr Realität mit der Zukunft.
Regel 1: Prognosen sind nur so gut wie ihre Treiber
Zahlen wirken solide – doch sie sind oft nur Schätzungen auf wackeliger Basis. Wer realistisch planen will, muss mit wenigen, nachvollziehbaren Treibern arbeiten. Denn: Eine Finanzplanung ist nur so gut wie die zugrunde liegenden Annahmen.
Praxis-Tipp: Konzentrieren Sie sich auf 2–3 Schlüsselgrössen, die beobachtbar und steuerbar sind (z. B. Auslastung, Anzahl Förderzusagen, Anzahl verrechenbare Stunden). Prognosen brauchen Verankerung – nicht Fantasie.
Regel 2: Die Zukunft ist kein (Einzel-)Szenario, sondern mehrere
Gute Planung denkt in Alternativen. Gerade weil wir die Zukunft nicht kennen, sollten wir sie in Varianten durchspielen: Best Case, Base Case, Vorsichtsszenario.
Praxis-Tipp: Arbeiten Sie in Planungsworkshops bewusst mit Varianten – und leiten Sie je nach Entwicklung vorab klare Handlungsoptionen ab.
Regel 3: Vorsicht bei Makrodaten wie dem BIP
Viele Planungen orientieren sich am Bruttoinlandprodukt (BIP). Doch wie verlässlich ist das?
Der «Economist» analysierte 100’000 Wachstumsprognosen aus 20 Jahren:
– Prognosen für das laufende Jahr verfehlten im Schnitt um 0.4 Prozentpunkte
– Mit einem Jahr Vorlauf: 0.8 Prozentpunkte
– Ab 22 Monaten: 1.3 Punkte Fehler!
Praxis-Tipp: Verwenden Sie für das zweite und dritte Planjahr besser die Wachstumsrate des Vorjahres. Prognosen verlieren mit Distanz ihre Aussagekraft.
Regel 4: Planungswissen liegt bei den Mitarbeitenden – nicht im Modell
Strategie ist wie Impro-Theater. Ideen entstehen aus dem Handeln – nicht auf dem Papier.
Wer seine Planung verbessern will, beginnt mit Fragen – nicht mit Excel. Mitarbeitende haben ein Gespür für Entwicklungen, das in Zahlenmodellen oft fehlt.
Praxis-Tipp: Starten Sie Ihre Planung mit einem «Zukunfts-Check-in» – kurze Interviews oder eine Mini-Umfrage bei Schlüsselpersonen.
Regel 5: Machen Sie Prognosen plausibel – nicht präzise
Zwei Nachkommastellen sind kein Zeichen für Genauigkeit. Gute Prognosen sind verständlich, testbar und diskussionsfähig – nicht mathematisch beeindruckend.
Testfrage: Können Aussenstehende Ihre Annahmen und Überlegungen nachvollziehen – ohne Erklärvideo?
Tipp für Gemeinderäte, Verwaltungsräte, Stiftungsräte: Bestehen Sie bei Jahresberichten auf einem Rückblick auf die eigenen Prognosen – was hat sich bewahrheitet, was nicht, und warum?
Regel 6: Lernen Sie aus der Vergangenheit
Planen heisst nicht: Recht behalten. Sondern: Besser werden. Der Rückblick auf eigene Prognosen ist zentral – auch als Führungsinstrument.
Die Strategie erklärt nicht nur, was getan wird – sondern auch, was nicht.
Praxis-Tipp: Führen Sie ein einfaches Lernprotokoll zu Ihrer Jahresplanung: Was war gut geschätzt? Was nicht? Warum?
Fazit: Prognosen sind Werkzeuge – keine Wahrheiten
In einer dynamischen Welt braucht es keine besseren Zahlen, sondern bessere Fragen. Planung ist kein Excel-Wettbewerb – sondern Teil der Führungsarbeit.
Eine Strategie wird durch die Umsetzung geformt. Die Zukunft entsteht durch Handeln – nicht durch das Budget.
Quellen:
•HBR-Podcast: „Sechs Regeln fürs Prognostizieren“ (Spotify, 2024)
• Hafner, C. (2021): Strategische Geschäftsplanung
• Hafner, C. (2018): Unternehmensplanung & Entlöhnungssystem
• NZZ (2014): Beyond Budgeting – raus aus dem Zahlengerüst
• OpenAI (2024). ChatGPT 4o. Unterstützt bei Struktur und Textgenerierung
