Riskmanagement & IKS News
CEO-Betrug – alte Masche, neues Gewand
Sie geben sich als CEO aus, drängen zur schnellen Zahlung und erzeugen maximalen Druck – Täter beim sogenannten CEO-Fraud. Seit bald zehn Jahren ist diese Masche bekannt, in der Schweiz wie international. Und trotzdem: Es kommt immer wieder zu schweren finanziellen Schäden. Der jüngste Fall aus Deutschland zeigt: Eine Firma überwies 2 Millionen Euro, angewiesen durch eine perfekt gefälschte Kommunikation zwischen „Chef“, „Anwalt“ und Buchhaltung.
- CEO-Betrug ist nicht neu – aber wird immer raffinierter
Die Masche ist eigentlich einfach: Ein Täter oder ein Netzwerk beobachtet über Wochen oder Monate ein Unternehmen. Die nötigen Informationen (Organigramme, Ansprechpartner, Lieferanten, Investitionen) sind oft öffentlich zugänglich – auf der Website, in Medien oder auf LinkedIn.
Anschliessend wird eine gefälschte Kommunikation aufgebaut: Zwischen dem CEO, einem (ebenfalls fingierten) externen Akteur – etwa einer Anwältin – und einer real existierenden Person aus der Buchhaltung. Der Angriff erfolgt über täuschend echte E-Mail-Adressen, neuerdings sogar via KI-generierte Deepfake-Anrufe.
Typisch für die Vorgehensweise:
- Grosse Dringlichkeit („heute noch überweisen!“)
- Geheimhaltung („nur Sie sind eingeweiht“)
- Hierarchie-Druck („Sie tun das im Auftrag der Geschäftsleitung“)
Besonders gefährdet sind Unternehmen in den Sommermonaten, wenn viele Führungskräfte abwesend sind und Stellvertretungen greifen.
- Warum funktionieren solche Angriffe immer noch?
Der typische Wirtschaftskriminelle ist laut KPMG-Studie kein glamouröser Hacker, sondern ein unauffälliger Insider – oft jemand mit Buchhaltungskenntnissen oder Zugang zu vertraulichen Prozessen. Diese Menschen denken in Prozessen – und genau dort setzen die Täter an. Sie wissen, wie Buchhaltung funktioniert, welche Formulierungen glaubwürdig wirken – und welche Stressfaktoren Entscheidungen beschleunigen.
Gleichzeitig fehlt in vielen Organisationen ein klares, wiederkehrendes Messaging: Was ist in einem solchen Fall zu tun? Und vor allem: Was darf nicht getan werden – egal, wie dringlich es klingt?
- Was CEOs jetzt tun müssen – konkret
Der wirksamste Schutz gegen CEO-Betrug ist nicht technische Abschottung, sondern kulturelle Klarheit und kommunikative Wiederholung. Folgende Massnahmen gehören auf die CEO-Agenda:
- Das Thema sichtbar machen
- Jährlich (z. im Sommer) ein CEO-Statement zum Thema „Fake-Zahlungen“ an alle mit Zahlungsbefugnis senden
- Beispiele realer Fälle intern zirkulieren
- Schulungen (z. Lunch & Learn) mit echten Mails & Szenarien durchführen
- Grenzen klar kommunizieren >
- Maximalbeträge für Überweisungen ohne mündliche (!) Rückbestätigung
- „Nie ohne Rückruf“-Prinzip einführen bei verdächtigen Anweisungen
- Erreichbarkeiten sicherstellen (z. Notfallkanal für CEO-Freigaben in den Ferien)
- Digitale Hygiene verbessern >
- Keine Abwesenheitsnotizen bei Mitarbeitenden mit Zahlungszugriff
- Keine Funktionsbeschreibungen auf LinkedIn für kritische Rollen
- E-Mail-Alias-Schutz & Abwehr gegen Domain-Spoofing einrichten
- Verantwortung delegieren – aber nie abgeben
- Klare Verantwortlichkeiten für Zahlungskontrollen und Ausnahmefreigaben
- Stellvertretungsregelungen kritisch prüfen: Wer darf was – und wann?
- CEO-Fraud im IKS verankern
Viele Unternehmen verfügen über ein Internes Kontrollsystem (IKS), doch das Thema CEO-Fraud ist dort nicht explizit verankert. Das sollte sich ändern:
| IKS-Massnahme | Beschreibung |
| Kontrollpunkt „Zahlungen > X CHF“ | Mündliche Bestätigung bei Sonderfällen |
| Awareness-Reminder vor Sommerferien | An alle Finanz- und GL-Stellvertretungen |
| Stichproben-kontrollen | durch CFO oder interne Revision bei Sonderzahlungen |
| Rollen-kritikalität bewerten | Wer ist exponiert und braucht stärkeren Schutz? |
Fazit: Der CEO ist nicht Opfer, sondern Teil der Lösung
CEO-Betrug ist nicht nur eine IT-Angelegenheit. Es ist ein Führungsproblem. Wenn Kommunikation fehlt, entsteht Unsicherheit. Und genau die nutzen Täter aus. Klare Kommunikation, robuste Regeln und gelebte Vorbilder sind der beste Schutz – kein Spamfilter der Welt kann ersetzen, was eine gute Führungskraft mit einer klaren Botschaft tun kann.
Quellen:
- swissaxis AG (2023): CEO-Betrug – So läuft der Angriff ab, so schützen Sie sich.[Newsletter-Archiv, Jan 2023]
- Neue Zürcher Zeitung (23.07.2025): Mit KI betrügen Kriminelle effizienter denn je
- KPMG (2025): Global Fraud Study: The typical economic offender, zitiert in NZZ vom 13.05.2025
- Deutsches Bundeskriminalamt (2022): Broschüre CEO-Fraud
- Nationales Zentrum für Cybersicherheit NCSC (CH): Warnung vor CEO-Fraud
