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Riskmanagement & IKS News

Risk Management: Die Chance für Leitungsorgane ihre Verantwortung bewusst wahrzunehmen

Risikomanagement ist nicht nur Controlling-Aufgabe, sondern Führungsverantwortung. Was Verwaltungsräte, Gemeinderäte und Stiftungsräte wissen – und tun – sollten.

Ein Cybervorfall, ein Haftungsfall, ein Projektdesaster – und der Ruf geht sofort an die Spitze: „Warum hat das niemand verhindert?“ In vielen Organisationen ist unklar, welche Rolle das oberste Leitungsorgan im Risikomanagement überhaupt hat. Dabei schreiben internationale Standards und nationale Erwartungen eine aktive, informierte Rolle vor – nicht bloss ein Abnicken formaler Berichte. Doch wie lässt sich das mit einer realistischen Agenda und ohne operatives Mikromanagement umsetzen?

  1. Risiko ist Führungssache – und zwar auf Augenhöhe

Ob Verwaltungsrat, Gemeinderat oder Vorstand: Das oberste Leitungsorgan trägt die Gesamtverantwortung für die Organisation – und damit auch für deren Risikofähigkeit. Das bedeutet:

  • Risiken müssen im Kontext von Zielerreichung verstanden werden – nicht nur als Bedrohung.
  • Entscheidungen müssen risikoinformiert getroffen werden.
  • Das Risikomanagementsystem muss angemessen ausgestaltet und überprüft werden – keine Blackbox, sondern ein integriertes Führungsinstrument.

Die «Board Guidelines on Risk Management» des Instituts für Interne Revision formulieren es klar:

“The board is responsible for defining and overseeing the ambition level for risk management. Not knowing is not a defense.” 

  1. Die richtigen Fragen stellen – nicht alle Antworten haben

Gremienmitglieder müssen nicht Risikoexperten sein – aber sie müssen wissen, welche Fragen sie stellen sollten. Denn Fragen schaffen Orientierung, fördern Verantwortlichkeit und ermöglichen eine konstruktive Zusammenarbeit mit der Geschäftsleitung.

Empfohlene Kontrollfragen aus der Praxis (basierend auf IIA Norway & Governance Institute of Australia):

  • Haben wir einen klaren Risikoappetit formuliert – und kennen alle Beteiligten diesen?
  • Ist unser Risikoprofil abgestimmt auf Strategie, Budget und Ressourcen?
  • Wie reagieren wir auf eintretende Risiken – gibt es Lernprozesse?
  • Welche externen Entwicklungen könnten unser Geschäftsmodell gefährden?
  • Sind IKS und Risikomanagement systematisch verknüpft oder nur formal parallel?

Praxis-Tipp: Planen Sie 1–2 Risikoschwerpunkte pro Jahr für vertiefte Diskussionen im Gremium – z. B. Projektabwicklung, Fachkräftemangel, Finanzierung.

  1. Wie ein Leitungsgremium Risikomanagement im Jahreslauf konkret verankert

Viele Gremien treffen sich monatlich – doch Risikomanagement wird nur einmal jährlich besprochen, oft im Zusammenhang mit der Jahresrechnung. Das reicht nicht.

Unten ein konkreter Jahresplan für Gremien mit 12 Sitzungen pro Jahr, um Risikomanagement strategisch und pragmatisch zu integrieren

Praxis-Tipp: Lassen Sie pro Vertiefungsthema ein Mitglied als „Götti“ auftreten, das den Austausch mit der Geschäftsleitung vorbereitet und im Gremium präsentiert.

  1. Was gute Leitungsgremien konkret tun (sollten)

Das Governance Institute of Australia bringt es auf den Punkt:

“Boards add the most value when they ensure that risk is integrated into all decision-making – not isolated as a compliance box.”

Best Practices aus der Umsetzung:

  • Risiko-Charta verabschieden: Klärt Rollen, Prinzipien & Zusammenarbeit
  • Selbstevaluation zur Risk Governance (jährlich): Was hat funktioniert? Was nicht?
  • Digitale Risiko-Dashboards einfordern: Besser als Excels, transparenter für alle
  • Workshops mit Bereichsleitungen:  B. zu Lieferantenrisiken oder Projekten

Fazit: Verantwortung wahrnehmen beginnt mit Struktur

Ein Gremium muss nicht alle Risiken kennen – aber wissen, wie man sie erkennt, beurteilt und adressiert. Wer Risikomanagement fest im Jahresverlauf verankert, schafft nicht nur Transparenz, sondern ermöglicht bessere Entscheidungen, vorausschauende Planung und eine resilientere Organisation.

 

Jahresplan Risk Management im Leitungsorgan

Strukturierter Fahrplan für ein Gremium mit monatlicher Sitzung

Monat

Thema / Traktandum

Ziel

Benötigte Informationen

Januar

Risikoambition & -strategie bestätigen

Abgleich mit Zielen, Budget, Strategie

Risikoprofil, Strategie, Vorjahresbericht

Februar

IKS-Jahresplanung genehmigen

Sicherstellung der operativen Kontrolle

IKS-Plan, Verantwortungsmatrix

März

Risiko-Update Q1

Früherkennung & Diskussionsbasis

GL-Bericht, externe Umfeldinfos

April

Lessons Learned aus Vorfällen / Audits

Verbesserung & Lernen

Auditberichte, Vorfallanalysen

Mai

Deep Dive: Projektrisiken

Fokus auf strategische Investitionen

Projektstatus, Budgetentwicklung

Juni

Mid-Year Risk Review

Anpassung der Steuerung

Risikomatrix, Abweichungsanalyse

Juli

Deep Dive: Personalrisiken

Fachkräftemangel, Know-how-Verlust

HR-Kennzahlen, Absenzen, Planung

August

IKS-Kontrollstand H1

Prüfung der Umsetzung

Kontrollnachweise, Rückmeldungen

September

Deep Dive: Externe Risiken

Umfeld, Lieferanten, Politik

Marktstudien, Vertragslage

Oktober

Budget & Risikoplanung Folgejahr

Integrierte Planung

Budgetentwurf, Risikoprofil

November

RM-/IKS-Jahresbericht genehmigen

Governance sichern

RM-/IKS-Bericht, Revision

Dezember

Evaluation Risk Governance

Reflexion & Verbesserung

Fragenkatalog, externe Meinung (optional)

Quellen:

  • IIA Norway (2025): Board Guidelines on Risk Management – Questions the Board Should Ask. www.iia.no
  • Governance Institute of Australia (2022): Risk Management Guide for Directors. www.governanceinstitute.com.au
  • swissaxis AG (2024): Praxiserfahrung aus Einführung von IKS- und RM-Strukturen in Verwaltungsräten & Exekutivorganen.
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